Bei der Entwicklung medizinischer Geräte müssen nicht nur strenge gesetzliche Anforderungen berücksichtigt, sondern auch wegen der zunehmenden Digitalisierung immer mehr Funktionalitäten unter einen Hut gebracht werden – bzw. in einem Gehäuse untergebracht. Möglich ist dies besonders einfach dann, wenn die benötigten Systemnetzteile maßgeschneidert werden.
Viele Hersteller medizinischer Geräte sind aktuell dabei, ihr Produktportfolio zu überarbeiten: neue Geräte werden entwickelt, alte aus dem Programm genommen oder aber aktualisiert. Hintergrund ist zum einen die zunehmende, normativ getriebene Forderung nach maximaler Usability für das medizinische Personal und Patienten sowie die Thematik der Konnektivität. Zum anderen aber auch die Tatsache, dass nach MDD zugelassene Geräte ab 2024 nicht mehr vertrieben dürfen werden, da die MDD zu diesem Zeitpunkt komplett durch die neue Medical Device Regulation (MDR) ersetzt wird. Hersteller haben nun die Wahl, die Altgeräte neu zuzulassen oder aber gleich ein Folgeprodukt zu entwickeln. Dabei sollten möglichst viele neue Features und digitale Technologien integriert werden.
In einer derart komplexen und groß dimensionierten Medizintechnik gelangt jedoch die Stromversorgung in Form von herkömmlichen Netzteilen in der Regel an ihre Grenzen. Die Elektronikspezialisten wie die der Systemtechnik LEBER GmbH entwickeln deshalb individuelle und an den Einzelfall angepasste Power Supply Lösungen bzw. Systemnetzteile. Diese machen es möglich, dass ein medizinisches Gerät – obwohl es nur an einer einzigen Steckdose angeschlossen ist – separat schaltbare Niederspannungsausgänge für eine Vielzahl verschiedener Verbraucher bzw. angeschlossene Geräte wie Kameras, Monitore, Pumpen, Touchdisplay, Kühler etc. bieten kann.
Case Study: Funktionen verschiedener Geräte in einem zusammenführen
Im konkreten Fall war ein Medizingerätehersteller auf die Elektronikentwickler zugekommen, der die Funktionen von zwei bisher autark nebeneinander eingesetzten Geräten in einem einzigen neuen zusammenlegen wollte. Das Zusammenlegen der beiden Geräte macht jedoch das Vorhandensein von Niederspannungsausgängen für insgesamt zwanzig verschiedene Verbrauchern erforderlich. Die Crux: diese wurden bisher von zwei separaten Steckdosen gespeist. Nun sollte die Energieversorgung über eine einzige erfolgen, doch zwanzig Komponenten verbrauchen mehr Leistung als über eine Steckdose zur Verfügung gestellt werden kann.
Diese Herausforderung konnte jedoch gelöst werden. Dazu musste die Ansteuerung der Systemkomponenten zeitlich voneinander unabhängig und separat möglich gemacht werden. Ein eigens dafür zu entwickelndes Systemnetzteil sollte diese Aufgabe übernehmen.
Zum Projektstart war den Elektronikentwicklern ein Draft-Lastenheft übergeben worden, das eine erste Aufzählung der Anforderungen an die neue Stromversorgung umfasste. Darunter auch die, welche Lasten an welchen Ausgängen bereitgestellt werden sollten. Die finale, komplett belastbare Spezifikation wurde anschließend gemeinsam erarbeitet. Auf diese Weise konnten Ideen für das neue Produkt flexibel eingeplant und ebenso wieder verworfen werden.
Erfolgsfaktor: Iterationen in der Elektronikentwicklung
Bei der Entwicklung des ersten Prototyps bzw. A-Musters wurde in Iterationen gearbeitet So standen beispielsweise sieben COTS-Netzteile verschiedener Hersteller zur Auswahl, die vom Entwicklerteam nach wirtschaftlichen, technischen und mechanischen Aspekten bewertet wurden. Die Netzteilauswahl erfolgte iterativ und in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber, der finale Konzeptentscheid fiel im Rahmen eines gemeinsamen Workshops.
Damit war die Basis für das neu zu entwickelnde Systemnetzteil gefunden. Dazu wurden in einem Gehäuse mehrere Basis-Schaltnetzteile verbaut und mit einer intelligenten Steuerung verbunden, mit der man jeden Ausgang einzeln ansteuern kann. Das Ergebnis: es entstand eine maßgeschneiderte Netzteilbaugruppe, kompakt und montagefreundlich und auch in noch in 3.000 Metern Höhe funktionsbereit. Dieser erste Prototyp wurde innerhalb von 9 Monaten entwickelt und gefertigt und anschließend im Kundenunternehmen intensiv getestet und evaluiert.
Der tatsächlichen Umsetzung des Prototyps gingen zahlreiche CAD-Simulationen voraus. Verschiedenste Mechanikmodelle wurden durchgespielt, das Gehäusedesign entworfen und auch einzelne Schaltungsteile wurden simuliert. Der Kunde integrierte das fertige CAD-Modell wiederum in sein Gesamtmodell, um zu überprüfen, ob es Kollisionen gibt und Befestigungspunkte passen, um den Elektronikentwicklern entsprechend Rückmeldung zu geben.
Erst nachdem ein Modell, das allen Anforderungen entsprach, vollständig und final im CAD-System abgebildet worden war, fiel der Startschuss für die Umsetzung eines ersten Prototypen. Dieser wurde nach Fertigstellung inhouse beim Elektronikentwickler als auch beim Kunden in das Gesamtsystem integriert und intensiv getestet. So unterstützte das neue Systemnetzteil auch die Evaluierung des kompletten Prototyps für das neue Medizingerät. Die Ergebnisse wurden anschließend dem im Ausland sitzenden Mutterkonzern vorgestellt. Mit positivem Ergebnis: die Entwicklung des zweiten Prototyps (B-Muster) soll bereits im Frühjahr 2022 starten.
Die Entwicklung eines maßgeschneiderten Systemnetzteils hat entscheidend zu diesem Erfolg beigetragen – denn mit Standardnetzteilen wäre die Umsetzung des 2-in-1 Geräts mit seiner Vielzahl von Ausgängen zur Stromversorgung unterschiedlichster Verbraucher nicht machbar gewesen.
Systemtechnik LEBER GmbH & Co. KG
Ein Unternehmen der BURGER GROUP